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Filmkritik
Die Vorstadtehefrau Sue Buttons hat Geburtstag, aber alle haben es vergessen. Ihre Schwester Nancy nörgelt ins Telefon, weil sie einen Kredit braucht, die Kolleginnen bei der Suizid-Hotline schreiten zwar singend mit einer Torte auf sie zu, meinen aber die Frau hinter ihr, und Ehemann Karl hat einen Blumenstrauß gekauft, der allerdings für seine Geliebte gedacht ist.
Sue, das wird schon in den Eingangsszenen der bitterbösen Satire „Breaking News in Yuba County“ klar, ist eine Frau am Rande des Nervenzusammenbruchs. Sie wird nur von ihrer strahlenden Hausfrauen-Fassade zusammengehalten. Allison Janney spielt sie als flatterhafte, dauerdurchatmende Frau, die zwischen Selbstkontrolle und Opfergestus die Fassung zu wahren versucht.
Ein echter Befreiungsschlag
Ihre Affirmationen trägt sie wie eine Ritterrüstung vor sich her: „Meine Geschichte ist wichtig. Ich bin wertvoll. Ich bin genug. Ich bin stark.“ Dass dieser Selbstschutz nur oberflächlich ist, lässt sich an ihrem Gesicht ablesen – ein Augenzucken hier, ein schief eingefrorenes Lächeln da. Sue ist ein Pulverfass, das über kurz oder lang zu explodieren droht. Alles, was sie will, ist ein bisschen Aufmerksamkeit, das wird doch wohl nicht zu viel verlangt sein. In ihren geliebten Talkshows sind doch auch dauernd Leute zu sehen, deren trauriges Leben gewürdigt und bemitleidet wird.
Als Sue ihren Mann dann beim Stelldichein mit der Geliebten überrascht, ist es jedoch nicht sie, die einen Schock erleidet, sondern Karl; vor Schreck stirbt er an einem Herzinfarkt. Für Sue ist dieses Ereignis ein echter Befreiungsschlag, die lang ersehnte Möglichkeit, endlich gesehen zu werden. Statt Karls Tod anzuzeigen, verscharrt sie ihn und gibt eine Vermisstenanzeige auf. Dass er eine Sporttasche voller Geld bei sich hatte, entgeht ihr in ihrer euphorischen Rage.
Wie ein Wirbelsturm an Ereignissen
Was folgt, ist ein Wirbelsturm an Ereignissen. Sue verstrickt sich in ein Konstrukt aus absurden Märchen und effektheischenden Lügen, um Medien wie Polizei bei der Stange zu halten und als besorgte Ehefrau ins Rampenlicht gerückt zu werden. Eine Moderatorin stürzt sich auf Sues abstruse Behauptungen und macht sie für einen kurzen Moment zum Star. Obendrein entspinnt sich eine Parallelhandlung, in der Karls Bruder von einer asiatischen Mafia-Familie bedroht wird, weil er einen Geldwäschevorgang nicht beendet hat.
Sue ist offenkundig als weibliches Pendant zu Jerry Lundegaard angelegt, dem unterdrückten Kleinstadtehemann in „Fargo“ (1996) von den Coen-Brüdern. Doch anders als Lester ist sie nicht Auslöserin des makabren Dramas; nichts läge ihr ferner als ein Mord. Doch ihre passiv-aggressive Art macht sie unberechenbar und lässt die Handlung zu einem verworrenen und abstrusen Ungetüm anschwellen. Sobald die Aufmerksamkeit von Polizei und Medien zu schwinden droht, legt sie noch einen drauf, um wieder im Mittelpunkt zu stehen. Diese akkumulative Strategie lässt das Drehbuch beinahe vor Überfrachtung bersten. Das ist bisweilen ermüdend, aber vielleicht ertappt man sich selbst deshalb immer wieder durchschnaufend und die Contenance wahrend bei dem Gedanken, dass es in Sues Gedankenwelt ähnlich aussehen muss. Form follows function, und Sue ist hier eindeutig das Maß aller Dinge.
Achterbahnfahrt durch die US-Vorstadtidylle
„Breaking News in Yuba County“ ist eine satirische Achterbahnfahrt durch die Bigotterie der US-Vorstadtidylle und erinnert in seiner Quirligkeit an Klamauk-Komödien der 1980er-Jahre. Niemand kommt hier ungestraft davon: weder die gelangweilten Hausfrauen noch untreue Ehemänner, Kleinkriminelle oder die Medien. Die engagierte Leistung von Allison Janney als flatterhafte Protagonistin wird von einem hochkarätigen Ensemble flankiert, das bis in die kleinsten Nebenrollen mit Bedacht besetzt ist, allen voran Juliette Lewis als sensationsgeile Reporterin, die Drama gerne als Journalismus verkauft. Awkwafina hat als Tochter des Mafiabosses einige Lacher bei ihren Versuchen, sich als taffe Anführerin zu beweisen. Bisweilen zerfällt der Film jedoch in Einzeldarbietungen und Gags; in diesen Momenten werden die Schwachstellen des überfrachteten Drehbuchs deutlich sichtbar.