- RegieStanislaw Rózewicz
- Dauer72 Minuten
- GenreDrama
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Filmkritik
Seit "M.A.S.H. ", dem wohl bösesten Film über das amerikanische Engagement in Vietnam, erwarten Kenner mit Spannung jede neue Arbeit von Robert Altman. Seine unermüdliche Selbstbefragung Amerikas, in der Folge mit "Nashville" und "Buffalo Bill und die Indianer" beklemmend ins Bild gesetzt, hält weiter an und hat in seinem jüngsten Film "3 Frauen" einen weiteren faszinierenden Höhepunkt gefunden. Macht man sich bewußt, daß hier ein Filmemacher am Werk ist, der ganz spiel-intensiv auf Veränderungen im Bewußtseinszustand seiner (der amerikanischen) Gesellschaft reagiert (darin wichtigen Schriftsteller-Kollegen eher verwandt als dem Gros der Filmregisseure seiner Generation), dann hat er mit "3 Frauen" nicht nur den Mythos Amerika erneut erschüttert, sondern den Alptraum Amerika, der - mit zeitlicher Verzögerung - unser aller Alptraum ist, gestaltet. Und das mit einer poetischen Suggestion und Radikalität des schaurig-schönen Spiels, die beim Zuschauer bislang kaum gekannte Irritationen hervorrufen. Die Szenerie hat etwas Irreales: Junge Mädchen stützen und geleiten alte, an Zivilisationskrankheiten leidende Menschen im warmen Wasser eines kalifornischen Rekreationszentrums. Zwei Gestalten schälen sich bald heraus: Millie (Shelley Duvall), die sich für eine perfekte amerikanische Frau nach dem Bild der Werbung hält und nicht bemerkt, wie sie manipuliert und von ihrer Umgebung ausgenutzt wird, und Pinky (Sissy Spacek), ein rothaariges und sommersprossiges Kind vom Lande, in seiner Unbeholfenheit voller Bewunderung für die "perfekte" Millie, mit der sie bald auch eine gemeinsame Wohnung teilt; in einem jener ob ihres angeblich besonderen Wohnwerts hochgepriesenen, in Wahrheit nur die Isolation fördernden Wohnparks in der Abgeschlossenheit der kalifornischen Wüste. In ihrer Nähe ist eine dritte Frau, Willie (Janice Rule), die ganz ihrer geheimnisvollen Malerei und in Erwartung ihres Babys lebt. Ihr Mann Edgar ist ein Angeber und Frauenheld, dem Alkohol und geistlosen Schießspielen mit gleichgearteten Freunden verfallen. Er hat auch etwas mit Millie und Pinky, aber diese Affären verstärken im Grunde nur die Isolation der Frauen in diesem "Disneyland". Eine schreckliche Vision! Eine Änderung tritt ein, als Pinky einen Selbstmordversuch begeht, Willie eine Fehlgeburt hat und Millie zu begreifen beginnt, daß sie ein total manipuliertes Geschöpf der Werbung ist. Edgar kommt auf unerklärliche Weise ums Leben, die drei Frauen tun sich zusammen: eine Gemeinschaft ohne Männer entsteht, freilich mit dem Aufbau neuer Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse, die aber offensichtlich ertragbar sind, weil die gemeinsame Basis dieser Frauen die Erkenntnis ist, von einer brutalen (Männer-) Umwelt mißbraucht worden zu sein. Der Traumstruktur des Films folgend, erscheinen die drei Frauen am Schluß als Großmutter (Willie), Mutter (Millie) und Kind (Pinky), nachdem sie zuvor - jede für sich - verschiedene Rollen wechselseitig durchlebt haben. Wenn auch dieser Traum kaum ganz entschlüsselt werden kann, so scheint mir, daß der sich in ihm mitteilende tiefe Pessimismus doch noch einen Hoffnungsschimmer durchscheinen läßt. Denn in der neuen Konstellation der drei Frauen in dieser an archaische Vorbilder erinnernden Kommunität scheint sich eine neue Kraft zu regen: die Zukurzgekommenen einer dem Fetisch Konsum nachjagenden Überflußgesellschaft bewahren sich, bei aller Beschädigung, ihre menschliche Würde und versuchen - dies ist ihre Auflehnung gegen die inhumane Männergesellschaft -, einen einfachen Lebensstil zu praktizieren. Es wäre zu bequem, Altmans Film als deprimierende Porträt-Skizze nur der heutigen amerikanischen Gesellschaft hinzunehmen. Wenn es einen Film gibt, der Abbild der kapitalistischen Gesellschaft und der menschlichen Entfremdung ist - und damit ja auch unserer aktuellen oder kurz bevorstehenden Befindlichkeit -, dann ist es dieser Film.